Das männliche Medusenhaupt In ihren Schriften zur Poetik und Kunst folgt Anne Duden ihrer »Nachtintelligenz« in einen Raum neuer intensiver ästhetischer Erfahrung und der verschütteten Nähe aller Sinne. Die hohe Qualität von Anne Dudens Schreiben liegt darin, daß ihre Literatur wahr macht, worüber sie spricht.
»Das Schreiben ist absolut«, sagt Anne Duden in einer ihrer Schriften zur Poetik, ein Akt, in dem der Schreibende selbst zur »Geisel« seiner Erfahrung wird, der Wahrnehmungen, der Sprache, der Empfindungen zwischen Verzückung und Verrückung.
Wer so schreibt, wer so sieht, wer die entsprechende »Nachtintelligenz« entwickelt, in der die üblichen Grenzen zwischen den Welten, den Worten und Sinnen eingerissen werden, dem öffnet sich ein neuer Raum, eine neue Sehweise. Korrespondenzen in der belebten Welt und in der Zeichenwelt werden sichtbar, die umgekehrt in der Literatur, der bildenden Kunst und den sakralen Räumen aufbewahrt werden.
In den englischen Kathedralen und ihren Schlußsteinen, die den Scheitel der steilen Gewölbe bezeichnen, entdeckt Anne Duden ein Element, das sich wie ein Botenstoff durch die Schriften dieses Buches zieht: das Motiv des Green Man, ein männliches Medusenhaupt, aus dem Äste und Blätter sprießen.
Die tiefe Zweideutigkeit dieses Motivs ist das heimliche Thema von Anne Dudens Schriften, die ins Innerste radikaler ästhetischer Erfahrung führen und mit ihrer besonderen literarischen Qualität das zeigen, wovon sie sprechen.