»Einblicke in das Innenleben eines Taschenrecorders« nannte Jens Sparschuh seinen vor vielen Jahren zum ersten Mal erschienenen Roman Der große Coup. Darin erzählt Sparschuh wie ein ingrimmiger Bauchredner von Johann Peter Eckermanns Diensten bei Goethe in Weimar, die der Welt die unsterblichen »Gespräche mit Goethe« bescherten, Eckermann aber ein in vielem vergeudetes Leben. Zwanzig Jahre nach Goethes Tod, so die fiktive Ausgangslage des bissig – ironischen Romans, veröffentlichte Eckermann seine Aufzeichnungen aus den »Geheimen Tage- und Nachtbüchern«, die komisch und bitter, klug und vertrackt über den tatsächlichen Charakter dieser von Goethe mit eisernem Egoismus geführten Unsterblichkeitsinszenierung berichten.
Eine abgründige Ménage à trois, bei der Johanne Bertram, die langjährige Verlobte Eckermanns aus dem fernen Nordheim, mit authentischen Briefen zitiert wird, aus denen nur deutlich wird, dass Eckermann seine Stellung bei Goethe mit seinem Lebens- und Liebesglück bezahlte. In seinem perfekt nachgeahmten und gleichzeitig subversiven Tonfall lässt Sparschuh Eckermann reden und dabei etwas darüber verraten, »wieviel Inszenierung und alltägliche Inhumanität für den Aufstieg zu einem deutschen Geistesheroen nötig sind« (Alexander von Bormann). Der große Coup, das ist die Suche von Goethe und Eckermann nach möglichen letzten Worten von Goethe, die als unsterblichkeitsfähig der Nachwelt überliefert werden sollen. Goethe will so seinen eigenen Nachruhm regeln, und Eckermann soll es richten.
Sparschuhs listiger Nachruf auf die deutsche Klassik ist ein meisterlicher Coup, der uns die alten Meister näher bringt als jede historisierende oder weihevolle Betrachtung.
Bei Kiepenheuer & Witsch sind erschienen: Der Schneemensch (2005), Der große Coup (1996), Ich dachte, sie finden uns nicht (1997), Lavaters Maske (1999), Eins zu eins (2003), Silberblick (2004), Ich glaube, sie haben uns nicht gesucht (2005), Schwarze Dame (2007), Im Kasten (2012), Ende der Sommerzeit (2014).