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Aslak Nore über »Meeresfriedhof«

Die Figuren in Ihrem Roman sind sehr vielschichtig. Gibt es eine Figur, die Ihnen besonders am Herzen liegt?

Nun, erst mal vielen Dank dafür! Ich glaube, es war der große amerikanische Schriftsteller William Faulkner, der einmal sagte, dass das menschliche Herz im Konflikt mit sich selbst das Einzige ist, worüber es sich zu schreiben lohnt. Die Dilemmata, Abmachungen und Opfer, die wir alle in unserem Leben bringen müssen, ob groß oder klein, sind das, was mich interessiert, wenn ich Figuren kreiere. Fiktive Personen, die das reine Böse oder das Heilige verkörpern, interessieren mich nicht besonders, denn ich glaube, dass jeder Mensch beides in sich trägt. Was die Frage nach meiner Lieblingsfigur betrifft: Eines der wunderbaren Dinge an der Fiktion ist, dass ich mir das Leben anderer vorstellen und versuchen kann, ihre inneren und äußeren Konflikte glaubwürdig zu schildern, auch wenn ihr Leben nicht meinem eigenen ähnelt. So kann ich mich mit Hans Falck identifizieren, der damit zu kämpfen hat, seine beruflichen Ambitionen mit dem Leben eines Vaters in Einklang zu bringen. Johnny Berg verkörpert meine heroischen Sehnsüchte und Sverre Falck vielleicht meine pathetischen Seiten. 

 

Sie waren als Journalist im Nahen Osten und in Afghanistan und als Soldat in Bosnien. Welche Erfahrungen spielen in den Romanen eine Rolle?

Beides, definitiv. Die Armeeerfahrung als Soldat und später als Journalist war ein Eckpfeiler für das meiste, was ich im Laufe der Jahre geschrieben habe. Mein erstes Buch war ein Sachbuch, das ich 2007 geschrieben habe, und es handelt von Soldaten im Ausland. Bosnien hat mich geprägt, nicht, weil ich traumatisiert wurde, sondern als eine tiefgreifende Erfahrung des Erwachsenwerdens mit Kameradschaft in einem Kriegsgebiet. Für die meisten Schriftsteller ist die Armee mit ihrer geschützten Kultur, ihrer eigenen Sprache usw. tabu. Da ich den Code kenne, hatte ich als Reporter Zugang zu vielen Leuten in den Spezialeinheiten und dem Geheimdienst. Das stellte mich jedoch vor neue Herausforderungen, denn viele der Geschichten, die ich in Afghanistan und im Nahen Osten hörte, ließen sich nicht veröffentlichen. Also beschloss ich, sie stattdessen zu fiktionalisieren. In »Meeresfriedhof« geht es eigentlich nicht so sehr um Militärisches, aber ja, es gibt einige Kampfszenen.  

 

Sie leben in Frankreich, warum Frankreich und nicht Norwegen?

Nun, meine Tochter ist hier aufgewachsen, und ich lebe in einer glücklichen, wieder zusammengesetzten Familie in Marseille. Frankreich war nur ein Zufall, aber für mich als Schriftsteller ist es die beste Entscheidung, die ich getroffen habe. Frankreich ist ein literarisches Land, und es gibt weniger Ablenkungen, aber vor allem finde ich es viel einfacher, aus dem Ausland über Norwegen zu schreiben. Man sieht das Land klarer, und eine gewisse Melancholie des Auswanderers durchdringt das Schreiben, hoffe ich. 

 

Gibt es etwas typisch Norwegisches in Ihren Romanen, z. B. die dynastische Struktur einiger Unternehmen?

Es gibt viel Norwegen in meinen Büchern! Meine französische Freundin hat mich sogar "beschuldigt", ein Geheimagent zu sein - nicht für den militärischen Geheimdienst, sondern für die Tourismusbranche. Es gibt einen historischen Part in »Meeresfriedhof«, der vier Tage auf einem Hurtigruten-Schiff spielt, das von Bergen zu den Lofoten entlang der Fjorde fährt. Es ist eine berühmte Reise, für Ausländer wie für Norweger. Was die Familiensaga betrifft, so habe ich versucht, mir eine universelle Geschichte über Erbe und Erbfolgekriege vorzustellen. Der Patriarch Olav ist ein sozialdemokratischer Milliardär, der jeden Morgen ein Eisbad nimmt und die Exzesse der Neureichen anprangert. Ja, die gibt es überall, aber besonders in Norwegen. 

 

Die Natur spielt eine große Rolle, wie wichtig ist die Natur für Sie?

Sehr wichtig. Wir Norweger sind gesegnet mit einem Land von fast unvergleichlicher natürlicher Schönheit, Landschaften, mit denen ich aufgewachsen bin und die ein Teil von mir sind. Ich habe also versuch, Figuren zu erschaffen, mit der sich die Menschen überall identifizieren können, und die habe ich in eine norwegische Landschaft gesetzt. Das Universelle und das Exotische, sozusagen.  

 

Und zu guter Letzt: Wann können wir mit der Nummer 2 rechnen?

Es ist zu Ende geschrieben und erscheint in Norwegen im Herbst 2023*. Im zweiten Band gibt es mehr Nachfolgekonflikte und Familienkämpfe als im ersten Band - und das vor dem geopolitisch höchst wichtigen Hintergrund Spitzbergen und anderen spektakulären Orten im hohen Norden. Dort sind die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen historisch enger und komplizierter als irgendwo sonst in der westlichen Hemisphäre.

*Hinweis: »Felsengrund«, den zweiten Teil der Falck-Saga von Alsak Nore, veröffentlichen wir auf deutsch im Mai 2025.

 

Die Falck-Saga

Felsengrund
Aslak Nore

Felsengrund

Paperback18,00 €*
Zur Krimi-Reihe
Agnete Brun
© Agnete Brun
Aslak Nore

Aslak Nore, geboren 1978 in Oslo, studierte an der Universität Oslo und an der New School for Social Research in New York. Er war Soldat im norwegischen Elitebataillon Telemark in Bosnien und arbeitete als Journalist im Nahen Osten und in Afghanistan. In Norwegen hat er mehrere Sachbücher und vier Romane veröffentlicht. „Meeresfriedhof“ ist der erste Band einer literarischen Thriller-Serie rund um die Familie Falck und wurde in vielen Ländern ein Bestseller. Nore lebt mit seiner Familie in der Provence, Frankreich.

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