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Drei Fragen an Isabel Bogdan »Wohnverwandtschaften«

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Ihr Roman handelt von einer Wohngemeinschaft, in der vier Menschen unterschiedlichen Alters aus unterschiedlichen Motiven zusammenleben und feststellen: Freunde sind manchmal die bessere Familie. Was denken Sie persönlich, kann man sich Familie aussuchen?

Familie nicht, Freunde weitgehend schon. Vor allem kann man sich heutzutage seine Lebenssituation aussuchen: Man ist nicht mehr so sehr auf die Familie angewiesen, man muss nicht mehr in Paarbeziehungen leben, und ich glaube, dass das in vielen Fällen ein Glück ist. Meine vier Protagonist:innen haben auf unterschiedliche Weisen ihre Schwierigkeiten mit ihren Familien, sie sind alle in keiner engen Zweierbeziehung, und sie haben unterschiedliche Gründe, in einer WG zu wohnen: Geld, Wohnungsnot, Nicht-allein-leben-wollen. Die Herausforderungen sind in einer Wohngemeinschaft teilweise dieselben wie in einer Familie, teilweise auch ganz andere. In einer WG gibt es keine Aufteilung in Eltern und Kinder, niemand kann dem anderen sagen, was er zu tun und wie er sich zu verhalten hat.

Wie schon im „Pfau“ gibt es auch in „Wohnverwandtschaften” nicht die eine Hauptfigur, sondern eine ganze Gruppe von Menschen, in diesem Fall vier – sind Ensemblestücke Ihre Spezialität?

Hm, vielleicht. In „Laufen“ gibt es eine eindeutige Protagonistin! Aber mich interessiert immer, wie Menschen miteinander interagieren, wie die Einzelnen mit ihren individuellen Themen und den gemeinsamen Schwierigkeiten umgehen und die Balance dazwischen finden. Wie sich Allianzen und Zuständigkeiten verschieben und überhaupt: was zwischen zwei, drei, vier Personen geschieht. Wenn es gut läuft – und wenn es nicht so gut läuft. Wenn man sich zusammenraufen und Lösungen finden muss. Und was mir auch immer wichtig ist: dass es auch in schwierigen Situationen schöne oder sogar lustige Momente gibt. Diesmal erzählen alle vier Figuren im Wechsel als Ich-Erzähler:innen, das war eine besondere Herausforderung.

Könnten Sie sich vorstellen, in einer Wohngemeinschaft zu leben? 

Unbedingt! Ich habe als Studentin in einer WG gelebt, und wenn ich allein wäre, würde ich das womöglich längst wieder tun. Fürs Alter wäre es auf jeden Fall mein Lieblingsmodell. Ich glaube, es ist immer gut, sich nicht nur mit Menschen der eigenen Generation zu umgeben und hoffe sehr, dass ich auch im Alter noch Kontakt zu jüngeren Menschen habe. Schon allein, damit sie erklären, wie man mit einem KI-gesteuerten virtuellen Pflegeavatar umgeht, oder was auch immer es dann gibt. Dafür hüte ich dann gern ihre Kinder!

Der Pfau
Isabel Bogdan

Der Pfau

Gebundene Ausgabe18,99 €*
Laufen
Isabel Bogdan

Laufen

Taschenbuch11,00 €*
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Heike Blenk
© Heike Blenk
Isabel Bogdan

Isabel Bogdan, geboren 1968 in Köln, studierte Anglistik und Japanologie in Heidelberg und Tokio. Sie verfasste zahlreiche Übersetzungen, u.a. von Jane Gardam, Nick Hornby und Jonathan Safran Foer. 2011 erschien ihr erstes eigenes Buch, »Sachen machen«, bei Rowohlt, außerdem schrieb sie Kurzgeschichten in Anthologien. 2006 erhielt sie den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung und 2011 den für Literatur. 2016 erschien ihr Bestsellerroman »Der Pfau« und 2019 »Laufen«. 2024 erscheint ihr neuer Roman »Wohnverwandtschaften«.

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