Drei Fragen an Sara Weber »Das kann doch jemand anderes machen!«
Durch technologischen Fortschritt, wie die zunehmende Automatisierung, sind einige Jobs in der Vergangenheit verschwunden, aber zugleich neue Berufsfelder entstanden. Was können wir daraus lernen, um angemessen auf die Veränderungen, die durch KI auf die Arbeitswelt zukommen, reagieren zu können?
Wenn durch Technologie Berufsfelder wegfallen und dafür neue Jobs entstehen, müssen diese nicht automatisch besser für die Beschäftigten sein, also weniger anstrengend, besser bezahlt oder sinnstiftender. Wir haben in der industriellen Revolution gesehen, wie technologischer Fortschritt zu ausbeuterischen und gefährlichen Arbeitsbedingungen führen kann. Die Computerisierung hat vor allem für Menschen mit hoher formaler Qualifizierung – also mit Hochschulabschluss – neue Aufstiegsmöglichkeiten geschaffen, während Arbeitskräfte mit niedrigerer und mittlerer Qualifikation es schwerer haben, gute Jobs zu finden. Diese Fehler dürfen wir bei der KI-Revolution der Arbeitswelt nicht wiederholen.
Damit dieser Umbruch ein positiver wird, müssen wir ihn gestalten, und zwar auf allen Ebenen: in der Politik, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft. Denn KI ist am Ende nur ein Werkzeug, bei dem wir entscheiden, wie es am besten eingesetzt wird.
Wo wird KI Ihrer Meinung nach schon heute sinnvoll als Arbeitstool eingesetzt? In welchen Berufsfeldern besteht wiederum noch Handlungsbedarf?
In vielen Bereichen wird bereits mit KI gearbeitet. Ich habe mich mit Lehrkräften unterhalten, die KI-Tools wie ChatGPT im Unterricht einsetzen, schließlich gehörten Schüler*innen mit zu den Ersten, die diese Programme ausprobiert haben. Gleichzeitig ist es wichtig, mit den Klassen über die korrekte Nutzung zu sprechen und zu sensibilisieren, dass nicht immer alle Ergebnisse faktisch richtig sind.
In der Medizin wird KI zur Diagnostik genutzt, in Handwerksbetrieben, um die Produktion besser zu planen, in Marketing und Werbung, um schneller mehr verschiedene kreative Ideen zu brainstormen. Das kann den Arbeitsalltag erleichtern, aber es bringt auch Risiken mit sich: Etwa wenn KI im Personalwesen eingesetzt wird, um die besten Bewerber*innen zu finden – und dann bestimmte Menschen im Rekrutierungsprozess aussortiert. Diskriminierung ist eine der größten Gefahren beim Einsatz von KI. Deshalb brauchen wir dringend ein breites Verständnis dafür, wie diese Tools funktionieren – und Regulierung, die sicherstellt, dass KI faire Entscheidungen trifft, gerade in sensiblen Bereichen wie der Arbeitswelt.
Wir werden in den kommenden Monaten und Jahren viele neue KI-Anwendungen am Arbeitsplatz sehen. Dadurch wird sich verändern, wie wir arbeiten. Wer dabei die Mitarbeitenden von Anfang an mitnimmt, wird die besten Ergebnisse sehen: Denn sie wissen am besten, wo es hakt – und wo KI ihnen am meisten helfen kann.
Sie beschreiben KI als ein Werkzeug, das Arbeitnehmer*innen wesentlich entlasten kann. Werden Arbeitsmodelle wie die Vier-Tage-Woche durch KI in der nahen Zukunft Alltag sein?
Wenn wir es schaffen, Technologie sinnvoll zu nutzen, etwa um repetitive oder langweilige Aufgaben zu automatisieren, dann sollte dieser Produktivitätsgewinn in Form von Zeit an die Mitarbeitenden zurückgegeben werden. Das würde die Tür für Modelle wie die Vier-Tage-Woche öffnen. Denn es ist ja absurd: Wir haben so viele Erwerbstätige und so gute Technologie wie nie zuvor, und trotzdem wird gefordert, immer mehr und länger zu arbeiten. Das sorgt für hohe Belastung und macht Menschen krank. Stattdessen müssen wir umdenken und Prozesse und Abläufe optimieren, statt hart arbeitende Menschen bis ins Unendliche optimieren zu wollen.
Technologie zur Entlastung zu nutzen ist in den Berufen besonders wichtig, in denen großer Fachkräftemangel herrscht, wie in der Pflege: Wenn KI etwa helfen kann, die aufwendige Dokumentation zu automatisieren und vereinfachen, schafft das mehr Zeit und Raum für den Kern des Berufs, nämlich die menschliche Pflege und Fürsorge. Denn gerade die wollen wir ja nicht automatisieren. Klar ist: Menschlichkeit wird in Zukunft wichtiger denn je.