Christine Westermann und Mona Ameziane über »Die Familien der anderen«
Die eine ist 27, die andere 72*. Beide haben eine große Sache gemeinsam, nämlich das Privileg, Bücher zu lesen, und das auch noch hauptberuflich. Mona Ameziane und Christine Westermann unterhalten sich zur Veröffentlichung von Christines sechstem Buch »Die Familien der anderen« genau darüber – und über das Schreiben, das Suchen und Finden von Buchtiteln, wie man Bücherregale nicht sortiert, Sinn und Zweck eines Kanons (schlechtes Gewissen) und andere Stapel ungelesener Bücher.
Christine berichtet von ihrem inneren Kritiker und aus dem Inneren des Literarischen Quartetts – und was die vier Jahre, die sie Teil dieser renommierten Kritiker*innenrunde war, mit ihr als Leserin gemacht haben. Zwischendurch erfährt sie überraschend von Mona: 1. Bücher kann man auch im Bett lesen! 2. Und es müssen auch keine Klassiker sein!
Am Ende erzählt uns Christine, warum sie keine Verrisse schreibt und wieso sie nicht bei Social Media ist („das geht mich doch gar nichts an“) – aber das kann sich ja noch ändern. Mit Mona hätte sie eine wunderbare Beraterin an ihrer Seite.
*Stand 2021. Klingt einfach besser als 28 und 73. Danke fürs Verständnis
Die Familien der anderen
Mein Leben in Büchern
Christine Westermann, preisgekrönte Journalistin und Bestsellerautorin, genießt mit ihren Buchempfehlungen großes Vertrauen bei einem breiten Publikum. Bücher sind aus ihrem heutigen Leben nicht wegzudenken, sie sind für sie Fenster in ein fremdes Leben. Dabei war ihr Weg zu den Büchern kein selbstverständlicher, eher ein Hindernislauf. Elegant, ehrlich und mit wunderbarer Selbstironie erzählt Christine Westermann, wie sie zu den Büchern (und Thomas Mann) fand – und begibt sich dabei auf eine fesselnde Zeitreise in ihre eigene, von Brüchen gezeichnete Familiengeschichte.
Eine Bibliothek mit Leiter wünscht sich Christine Westermann. Damit sie auch mal an die Bücher in der obersten Reihe kommt. An den Zauberberg von Thomas Mann aus dem Regal der Eltern zum Beispiel, an den sie sich lange nicht gewagt hat. Mit welchen Büchern ist sie aufgewachsen, welche sind noch heute eng mit ihrem Leben verknüpft? Warum hat Lesen lange Zeit nur eine kleine Rolle in ihrem Leben gespielt? Warum ist sie aus allen Wolken gefallen, als sie gefragt wurde, ob sie Lust habe, Buchempfehlungen fürs Radio zu machen? Wie schreibt man eine Empfehlung und warum soll es bei ihr nie ein Verriss sein?
Christine Westermann schreibt über die Lust zu lesen. Und damit eng verbunden über die Neugier auf das Leben der anderen. Mit ihrem neuen Buch erlaubt sie einen Einblick ins eigene Leben. Und in die vielen Bücher, die darin vorkommen.
Auf Basidis Dach
Über Herkunft, Marokko und meine halbe Familie
Mona Ameziane und was Marokko für sie bedeutet – das Debüt einer brillanten Erzählerin.
Zuhause ist für Mona Ameziane der Norden des Ruhrgebiets, aber auch der Norden Marokkos. In ihrem ersten Buch erzählt sie vom Aufwachsen zwischen zwei Kulturen, die mehr zu trennen scheint als drei Stunden Flugzeit, von abenteuerlichen Taxi-fahrten durchs Atlasgebirge und von einer leeren Dachterrasse voller Erinnerungen.
Als Mona ihren Vater fragt, wie oft sie wohl schon in Marokko war, denkt er nur kurz nach und antwortet: »Nimm einfach dein Alter mal eineinhalb, das müsste passen.« Wie genau er auf diese Formel kommt, weiß sie nicht, aber sie ist fest entschlossen, noch mehr Fragen zu stellen. Nicht nur ihrem Vater, sondern auch sich selbst und dem Land, das für sie schon immer mehr war als für die meisten Menschen in Deutschland. Mehr als Urlaubsziel oder »Herkunftsland« in der Zeitung nach einem Terroranschlag – mehr als oberflächliche Orientromantik und rassistische Stereotypen. Ihre Suche führt sie nach Fes zum Haus ihrer Großeltern, nach Agadir, wo sie die reichste Seite des Landes kennengelernt hat, und in abgelegene Dörfer, in denen Menschen beim Wort »Europa« nur verständnislos mit den Achseln zucken.
In wundervollen Episoden erzählt Mona Ameziane klug und sympathisch von einem Marokko, das uns weder der Reiseführer noch das »Auslandsjournal« zeigen können.