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KW26 - KW31 I Dein Sommer mit Kiwi

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Endlich Ferien! Im Internet!

 

Liebe Freund*innen, schlagt eure Zelte bei uns auf - und unsere Bücher. In den kommenden Wochen stellen wir euch frisch und exklusiv aus dem Verlag die launigsten Leseempfehlungen für den Sommer vor.

Lust auf noch mehr Sommerspaß und -spiele? Dann schaut mal auf Instagram und Facebook vorbei, dort gibt es Lesestoff zu gewinnen.

Launige Leseempfehlungen unserer Verlagskolleg*innen

leseempfehlung_hannah

»In ›Lamento‹ versinkt man am besten für mehrere Stunden an einem schattigen Platz bei flirrender Sommerhitze. Es ist eine hingebungsvolle Verliebtheits- und eine schmerzhaft scheiternde Liebesgeschichte, die einen in beide Gefühle tief hineinzieht. Eine Schriftstellerin erzählt ihrer Tochter, wie sie als junge Frau einen Theaterregisseur kennenlernt. Die beiden schwelgen in ihrer Verliebtheit, leben eingeschlossen in ihrer Wohnung nur noch für- und miteinander. Liegen verschlungen auf dem Sofa, lesen zusammen aus demselben Buch und trinken Wein aus dem Mund des anderen. Doch als sie heiraten, ein Kind bekommen und einen gemeinsamen Alltag aufzubauen versuchen, scheitert die gemeinsame Idylle und schlägt um in Fremdheit und schließlich Hass. Der Roman beschreibt diesen Wandel voller langer, kunstvoller Sätze, in denen man sich im besten Sinne verlieren kann. Für schöne Sommermelancholie.« 

- Hannah Matuschek (Volontärin Onlinemarketing) über Lamento von Madame Nielsen (übersetzt von Hannes Langendörfer)

leseempfehlung_angelika

»Mein Lieblingsbuch für den Sommer: »Tomaten« von Kat Menschik. Schönheit, satte Farben, gutgelaunte, informative Vierzeiler – die reinste Erholung! Wenn das Sonnenlicht die Lider schwer macht, blinzele ich durch das Buch und erfreue mich als erstes an den form- und farbschönen Bildern. Zeichnen müsste man können! Dann an den fantasievollen Namen, ob verbürgt oder gut erfunden –  außer »Ochsenherz« und »San Marzano« kannte ich keinen einzigen. Und schließlich an den poetisch-pragmatischen Texten, die mich inspirieren – vor dem Mittagessen meistens zum Kochen, danach zum Sinnieren, zum Beispiel über Mut zu exorbitanten Vergleichen: »Sieht aus wie die Milchstraße« (Rebel Starfighter Prime), Body positivity: »Diese außergewöhnliche Sorte wirkt sehr elegant. Sie bringt bis zu einem Kilo schwere Früchte auf die Waage« (White Wonder) oder Genügsamkeit: »Was will man mehr?« (Schlesische Himbeere). Idealer Zeitpunkt für die Lektüre: vor dem Mittagessen - oder danach. Soundtrack dazu: Miles Davis & Ella Fitzgerald: »Let‘s Call The Whole Thing Off«. Idealer Ort: Hängematte oder Liegestuhl – oder die Bank auf dem Verlagsbalkon, mit Blick auf die eigenen grünen Pflänzchen: Wann leuchtet es rot?« 


- Angelika Winnen (Presse und Veranstaltungen bei Galiani Berlin) über Tomaten von Kat Menschik

leseempfehlung_nadja

»Ein Buch, so knallbunt und erfrischend wie ein Erdbeereis an einem Sommernachmittag. Als eine der bekanntesten jungen Stimmen des Feminismus bietet Florence Given in ›Frauen schulden dir gar nichts‹ mit ihren großartigen Illustrationen, markanten Sprüchen und praktischen Ratschlägen einen liebevollen Zugang zu feministischer Theorie. Egal ob Rassismus, Sexismus, Body Positivity, queere Identitäten oder Selbstliebe – kämpferisch entschlossen geht die Britin alle heute wichtigen Themen an, wobei sie immer wieder selbstkritisch auch eigene Privilegien reflektiert. All das schreibt sie so geistreich, unterhaltsam und nahbar, dass man sich wünscht, das Buch bereits selbst als Jugendliche gelesen zu haben.«


- Nadja Schreiber (Presse) über Frauen schulden dir gar nichts von Florence Given (übersetzt von Eva Horn und Kathrin Weßling)

leseempfehlung_steffi

»›Mit zwölf Jahren wurde mir schlagartig klar, dass ich nie durch Anmut überzeugen würde.‹ Mit diesem kleinen Vorwort beginnt der wunderbare Roman ›Mon Chéri und unsere demolierten Seelen‹ und ich wusste sofort, dass mir Charly Benz überaus sympathisch ist und ich gerne mal einen Abend mit ihr an der Bar verbringen würde. Verena Roßbacher führt ihre teils schrägen Figuren mit viel Witz und Wärme durch die Geschichte, in der auch die melancholischen Momente nicht fehlen. Eine ideale Mischung für jegliche Art von Sommertagen, von verregnet bis Sonnenschein am Strand, absolute Leseempfehlung!«


- Stefanie Wacker (Marketingleitung) über Mon Chéri und unsere demolierten Seelen von Verena Roßbacher

leseempfehlung_theresa

»Alle elf Minuten – nein, verliebt sich kein Single – stirbt eine Art auf unserer Erde aus. Viele der bedrohten Arten kannte ich nicht einmal, bis ich ›Von Okapi, Scharnierschildkröte und Schnilch‹ gelesen habe. Jetzt habe ich so unterschiedliche Tiere wie den punkig aussehenden Waldrapp, die eigenbrötlerische Zhous Scharnierschildkröte und den mit hochroten Ohren kreischend durch die Gegend springenden Tasmanischen Beutelteufel ins Herz geschlossen. Von all diesen Tieren gibt es nur noch erschreckend Wenige. Ihr Überleben können wir nur noch sichern, wenn wir sie in menschlicher Obhut züchten. Heiko Werning und Ulrike Sterblich haben mich mit ihren gleichermaßen witzigen wie kenntnisreichen Tierportraits sehr beeindruckt. Sie zeigen, wie jede*r Einzelne von uns einen Beitrag gegen das Artensterben leisten kann, auch ohne viel Platz oder Spezialkenntnisse. Das Artenschutzprojekt Citizen Conservation, an das die Honorare des Buches gespendet werden, unterstützt engagierte Privathalter*innen bei diesem Vorhaben und bringt sie mit Zoos zusammen, wodurch schon einige Erfolgsgeschichten geschrieben werden konnten. Unsere Welt würde ohne die Vielfalt der Kreaturen deutlich langweiliger und trister aussehen – das wird mit jedem der 50 Kapitel deutlicher. Und wer davon noch nicht überzeugt ist, rate ich zu einem Schnilchtanz bei Sonnenuntergang!«

– Theresa Feldhaus (Presse und Online bei Galiani Berlin) über Von Okapi, Scharnierschildkröte und Schnilch von Heiko Werning und Ulrike Sterblich

sandra_leseempfehlung

»Ein Glas mit Prickelndem, ein Lieblingsort, am besten im Freien. Und dann ab in den rauen und unfassbar schönen Norden der Bretagne! Es ist der vermutlich persönlichste Fall, mit dem Kommissar Dupin es je zu tun hatte. Außerdem erfährt man so ziemlich alles über die Kunst der Cidre-Herstellung und besonders seltene Vogelarten. Jean-Luc Bannalec en pleine forme. Viel Spaß bei der perfekten Sommerlektüre.«

– Sandra Heinrici (Programmleitung deutschsprachige Literatur) über Bretonische Nächte von Jean-Luc Bannalec

leseempfehlung_maria

 »In der kleinen Welt von Jüterbog, dem Herrschaftsgebiet der Physiokratin Clotilde mit ihrer Vorliebe für die Farbe Rosa und einem Hang zu Gewaltätigkeit, gehen merkwürdige Dinge vor sich: Zwei Goldmacher reisen an und erregen die Aufmerksamkeit der Stadtwache und der Katze mit ihrem detektivischen Gespür, subversive weiße Mäuse planen im Untergrund der Stadt den Umsturz, ein rätselhafter Mord geschieht und der Fischhändler ist nicht der, der er zu sein scheint. Zwischen den großen Handlungssträngen liest man sich durch viele wundersame Dinge und Skurrilitäten. Farben haben einen Geruch, Zeitungen liefern sich selbst aus, Warzen geben ungefragt ihre Meinung oder auch mal eidesstattliche Erklärungen ab und Kanarienvögel schreiben Briefe. Man versinkt beim Lesen völlig in dieser kuriosen Welt, die mittelalterlich und futuristisch zugleich anmutet und gerät dabei in einen immer stärkeren Sog von Ereignissen und Verstrickungen. Einmal gefangen in der Geschichte, konnte ich kaum noch mit dem Lesen aufhören und bleibe am Ende alleine mit der Frage: Wer ist eigentlich Professor van den Klonk?«

– Maria Luckey (Assistentin der Verlagsleitung) über Zum rosa Hahn von Erik Fosnes Hansen (übersetzt von Ina Kronenberger)

leseempfehlung_kristin

»Ich habe geschwitzt und war tief versunken in diesem Krimi. Man spürt den Sommer förmlich in Jan Costin Wagners ›Am roten Strand‹, aber es ist ein unbehaglicher Sommer, ein drückender und ein aufwühlender. Unfassbar fesselnd erzählt Wagner den neuen Fall der Ermittler Ben Neven und Christian Sandner, wie ein Netzwerk von Tätern aufgedeckt wird, die sich an den Kleinsten vergehen und trotzdem geschützt werden müssen. Wie die Opfer zurückschauen und mit ihren Erlebnissen umgehen müssen und wie ein Polizist selbst mit dem Dunkelsten in sich kämpft. Dabei verteufelt man kompromisslos, bis man mit diesem einen, der damit lebt und nicht nachgeben will, mitfiebert. Es ist ein schwieriges Thema, das hier verhandelt wird und nicht gerade leichte Kost, aber wer einen spannenden Krimi für diesen Sommer sucht, der aus dem Schema ausbricht, wird vom zweiten Fall Ben Nevens mitgerissen. Ich konnte nicht aufhören und habe Band 1 (›Sommer bei Nacht‹) und 2 in kürzester Zeit gelesen und danach ist mir dieses schwierige Thema im Kopf geblieben. Was bedeutet es für einen Menschen pädophil zu sein und kein Täter werden zu wollen? Gerade, weil Pädophilie nicht gleich Missbrauch bedeutet. Handlungen machen Täter und davor sollte man helfen. Hilfe und Infos hier«

– Kristin Hinz (Werkstudentin bei Galiani Berlin) über Am roten Strand von Jan Costin Wagner

leseempfehlung_viola

»Ihr fahrt im Urlaub in die Bretagne oder Ihr wolltet immer schon mal hin? Ihr lest gerne etwas über Land und Leute, sucht aber etwas Besonderes, abseits von den normalen Reiseführern? Ihr habt schon einiges darüber gelesen, hättet aber gerne noch mehr?
Dann sei Euch dieses Buch des Nobelpreisträgers J.M.G. Le Clézio wärmstens ans Herz gelegt, denn er beschreibt hier die Bretagne, die er als Jugendlicher erlebt hat. In den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als der Tourismus dort noch in den Kinderschuhen steckte und die Kargheit der Landschaft noch ein Problem für die Bewohner und keine Attraktion für Feriengäste war. Und doch hat Le Clézio dort auch Urlaub gemacht, schwimmen gelernt, die ersten Flirts gehabt, Feste gefeiert. Und die Bretagne hat sich ihm eingebrannt, ist immer ein Sehnsuchtsort für ihn geblieben. Man bekommt einen ganz persönlichen Eindruck von diesem Landstrich – und man möchte sofort hinfahren! Aber auch die zweite Geschichte im Buch hat mich ungeheuer beeindruckt. Hier geht es um ein universelles Thema, das auch heute – oder gerade wieder – eine beklemmende Aktualität hat. Es geht darum, was der Krieg mit Kindern macht, welche Eindrücke sie bekommen, welche Unsicherheiten sie erleben, und was sie für ihr Leben daraus mitnehmen. J.M.G. Le Clézio hat auch diese Situation selbst erlebt, als kleines Kind im Zweiten Weltkrieg im Hinterland der Côte d’Azur, und er beschreibt sie so unmittelbar und eindrücklich, dass sie bei mir noch lange nachgehallt hat. Gerade weil die Geschichte auf sehr kleinem literarischen Raum ein so großes Thema behandelt. Zwei tolle, sehr persönliche Geschichten von einem großen Autor, der uns viel zu sagen hat.«


– Viola Hefer (Lektorat internationale Literatur) über Bretonisches Lied von J.M.G Le Clézio (übersetzt von Uli Wittmann)

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»Helene Hegemann versammelt in “Schlachtensee” fünfzehn Stories, die die Lesenden in einen Bann ziehen, der sie durch laue Sommernächte, Strandtage und lange Autofahrten in den Urlaub trägt. Wiederkehrende Motive (Alukoffer, Drogen und Dustin) und die einnehmende Sprache Hegemanns mit ihren Bildern, die sich nicht immer vollkommen entschlüsseln lassen, machen das Buch zu einem fesselnden Leseerlebnis. Ihre Protagonist:innen sind normale Menschen, die sich mit ihren eigenen Ängsten konfrontiert sehen und sich große Fragen stellen: Was macht Reichtum mit Menschen? Wie gehe ich mit meiner Homosexualität um? Wie komme ich endlich nach Schwarzach, St. Veit? “Schlachtensee” ist keine leichte Sommerlektüre, aber eine, die sich lohnt, vor allem, wenn man sich in der Nähe eines Gewässers befindet, in dem man sich den Kopf ab und zu mal abkühlen kann, bevor man zurückkehrt zu Minute, Abdellatif, Indigo und Co. Erschlagene Pfauen, entzündete Augen und Lawinen - Der Kopf arbeitet auch in den Lesepausen immer weiter und nach dem Sprung in den Pool denkt man sich: Ich will zurück zu “Schlachtensee”. “Fand ich wirklich schön. Wenn jemand kein Langweiler war. Wenn jemand begriffen hatte, dass er der Welt, in die man ihn hineingeboren hatte, ein bisschen Unterhaltung schuldete.” Und wenn man der Autorin eines nicht vorwerfen kann, dann dass sie eine Langweilerin ist. Als Beweis dürfen hier ihre fünfzehn außergewöhnlichen Stories gelten.«

– Lena Klinkenberg (Volontärin Presse) über Schlachtensee von Helene Hegemann

leseempfehlung_christopher

»So ehrlich muss ich sein: Für das Sonnenbaden am Strand gibt es geeignetere Bücher mit wesentlich leichteren Themen als David de Jongs ›Braunes Erbe‹ und seinem Einblick in die Geschichte der reichsten deutschen Unternehmerdynastien. Doch so ist es schließlich meist mit Titeln, die einen über Sachverhalte aufklären, von denen man eigentlich dachte, sie bereits in Gänze erfasst zu haben. Kulturell sozialisiert mit Deutschpunk und dem FC St. Pauli gilt für mich stets der unverhandelbare Leitsatz ›Kein Vergeben, kein Vergessen‹, wenn es um die Verbrechen in der NS-Zeit geht. Entsprechend neu ist die Erkenntnis daher nicht, dass Unternehmerdynastien wie u.a. die Quandts, Porsche-Piëchs oder Oetkers ihren heutigen Reichtum im Dritten Reich begründet haben. Dennoch schafft es der Bloomberg-Journalist David de Jong sehr nah an den beteiligten Personen gehalten aufzufächern, wie die Unternehmerdynastien nicht nur den Aufstieg der NSDAP finanziell überhaupt erst ermöglicht haben, sondern ihren Reichtum auch in die Zeit nach 1945 retten konnten und wie die Erb*innen heutzutage mit der dunklen Geschichte ihrer Vorfahren umgehen. ›Braunes Erbe‹ beweist auf kurzweiligen und aufschlussreichen 500 Seiten, dass ein Großteil der heutzutage weiterhin reichsten deutschen Unternehmerdynastien keineswegs von 1933 bis 1945 in sehr langen Betriebsferien waren, wie es so manche Firmengeschichte weismachen möchte, und wir auch heutzutage noch ein Problem damit haben, die Verbrecher dieser Zeit transparent zu machen. So ist ›Braunes Erbe‹ dann vielleicht doch das perfekte Buch für die Sommermonate, denn die Aufklärung über die NS-Verbrechen kennt letztlich keine Jahreszeiten.«

– Christopher Quadt (Metadatenmanager) über Braunes Erbe von David de Jong (übersetzt von Jörn Pinnow und Michael Schickenberg).

leseempfehlung_anette

»Dieses Buch lässt den Atem stocken: Vladimir Sorokins finstere Satire spielt im Jahr 2027 und ist plötzlich Wirklichkeit. Aus einer unbarmherzigen Ich-Täterperspektive wird der Tag des Andrej Danilowitsch Komjaga erzählt. Er ist Leibgardist eines russischen Despoten, der nicht nur optisch Züge von Putin trägt. Russland ist vom Zarismus und Sozialismus nahtlos in die Staatsform der Monarchie, die zusammen mit der russisch-orthodoxen Kirche eine autoritäre Gewaltherrschaft ausübt, getreten. Das Volk, das im Aberglauben und Untertanengeist des 18. Jahrhunderts feststeckt, lässt sich anscheinend freiwillig unterdrücken, Bücher von Dostojewski und Tolstoi werden öffentlich verbrannt, missliebige Oligarchen enteignet und gelyncht, die Landesgrenzen sind dicht, Russland ist isoliert und braucht den Westen nicht. Beim Lesen werde ich mir selber unheimlich, weil der leutselige Sprachwitz (gemessen wird in ›Werst‹, Mobiltelefone sind ›Faustkeile‹, es wird gebetet und ›Kwass‹ getrunken) und die beiläufige Schilderung der Brutalität mich zum Lachen bringt. Es ist Sorokins Fabulierkunst, die kongeniale Übersetzung, aber vor allem die visionäre gesellschaftliche Brisanz des Romans, der als scharfsinnig-witzige Anti-Utopie gedacht war, bei der einem jetzt das Lachen im Halse stecken bleibt. Wie in Alexander Solschenizyns ›Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch‹ von 1962 versinke ich lesend vollkommen im Tagesablauf von Andrej Danilowitsch, der nach dem Matrijoschka-Prinzip fortwährend in makabrere Situationen gerät. Tonfall und Atmosphäre erinnern mich an Gontscharows ›Oblomow‹ oder Dostojewskis ›Mantel‹, bei denen die Zwangsläufigkeit der Ereignisse immer auf eine tragische Pointe hinausläuft – Sorokin ist die logische Konsequenz der russischen Erzählkunst. Das Buch erschien auf Deutsch erstmals 2008 und hat im Jahr 2022 eine beißende Aktualität: Der Autor lebte – wie viele andere – damals noch in Russland, wo jetzt kein kritischer Satiriker mehr sein darf.«

– Anette Kühnel (Lektorat Deutschsprachige Literatur) über Der Tag des Opritschniks von Vladimir Sorokin (übersetzt von Andreas Tretner)

Dorothee Winkler

»Wir lieben Helden! Besonders die, die gar keine sind, und gar keine sein wollen. Eigentlich… Weil, ach, so ein bisschen gebauchpinselt und bewundert werden, ist schon auch ganz schön.  Das findet auch Michael Hartung, eher ein Verlierertyp. Besitzer einer Videothek. In den 2000er. Mehr ›retro‹ ist fast unmöglich. Und wenn dann ein eher ›Retro‹-Journalist, Landmann, ›um die Ecke kommt‘, der seeeehr dringend eine richtig gute Geschichte braucht, um nicht ›abgesägt‹ zu werden, dann wird aus der Geschichte eines ehemaligen DDR-Stellwerksmeisters, der am Bahnhof Friedrichstraße aus Versehen die Gleise falsch stellt, nachdem ein Sicherheitsbolzen abgebrochen ist, sodass die S-Bahn aus Ost-Berlin raus in den Westen der Stadt fährt, ein Held, der bewusst und ganz selbstlos einer S-Bahn voller DDR-Bürger die Flucht in den Westen ermöglicht. 
Nach anfänglicher Gegenwehr verliert sich Michael Hartung immer mehr in ›seine(r) Geschichte‹. Die Seifenblase ist einfach zu schillernd-schön, sein Leben plötzlich so prall und bunt, dass er sich immer wohler in seinem neuen Leben fühlt. Und dann tritt auch noch Paula in sein Leben. Paula, die die Geschichte der spektakulären Massenflucht vom 12. Juli 1983 liest und dem, der sie ermöglicht hat, und der damit ihr, die damals noch ein Kind war, und ihren Eltern ein Leben ›im Westen‹ ermöglicht hat, danken möchte. Paula macht sich auf den Weg zu Michael, die beiden verlieben sich ineinander, und Michael wird immer unwohler zumute, da beider Liebe auf einer Lüge basiert. 
Und dann soll er auch noch zum 30jährigen Jubiläum des Mauerfalls sprechen. Auf einer Festrede im Bundestag – OMG – . Da kam ICH dann ins Schwitzen. Weil… das hätte jetzt alles soooo kitschig werden und enden können. Wird und tut es aber nicht. Und dafür gibt es auch von mir eine ›standing ovation‹ und eine große Empfehlung dieser erfrischend-fröhlichen Sommerlektüre!«
 

– Dorothee Winkler (Vertriebs-Außendienst) über Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße von Maxim Leo

Marco Verhülsdonk

»›Bester Mann!‹, jubelte ein Freund und Borussia Dortmund-Fan, als er hörte, wessen Autobiografie wir veröffentlichen. ›Bester Mann!‹ schallte es jahrelang von der BVB-Südtribüne, und ›bester Mann!‹ war jüngst auch der Tenor bei der Buchpremiere im Dortmunder FZW (dort auch: das Foto). Darin schwingt nicht nur Respekt mit vor dem Ex-Fußballer Neven Subotić (›einer der besten Innenverteidiger Europas‹, so sein Meister-Trainer Jürgen Klopp). Es ist, weit über Dortmund hinaus, eher schon Verehrung: Dieser Neven Subotić, das ist eine Legende, gar ein ›Heiliger‹ (wieder: Jürgen Klopp), auf jeden Fall mehr als nur ein guter Typ und feiner Kerl.
Ich war doppelt neugierig: Vor Jahrzehnten selbst mal sowas wie Regionalliga-Kicker, wollte ich wissen, was diesen Neven Subotić zu einem so unfassbar guten Fußballer gemacht hatte. Und warum er sich anders entschieden hat. Warum er von einem Sportler, den das kapitalistische System Profifußball groß machte, zu einem Aktivisten und Stiftungsgründer wurde.
Dieses Buch gibt die Antwort. Sonja Hartwig erzählt, wie Nevens Geschichte – die Kriegsflucht seiner Familie aus Jugoslawien, die drohende Abschiebung aus Deutschland, der Neustart in den USA, sowie sein Leben als Fußballprofi – zu diesem radikalen Wandel und ungewöhnlichen Engagement beigetragen hat. Wie Nevens eigene Erfahrung von Ungerechtigkeit seinen Gerechtigkeitswillen formte. Wie Fleiß, Ernsthaftigkeit und Konsequenz, Demut, Dankbarkeit und sein positives Menschenbild biografisch verwurzelt sind. ›Hingabe‹, ›Selbstkritik‹, ›Verbesserungswille‹, ›Fairness‹ und eben ›alles geben‹ befeuern den Leistungssportler, und sie prägen auch jenen gesellschaftspolitischen Aktivisten, der mit seiner Stiftung heute hilft, dass nicht täglich 2.000 Kinder an Krankheiten sterben, die durch verunreinigtes Wasser übertragen werden.
ALLES GEBEN ist viel mehr als ein Fußball(er)buch. Es ist ein Plädoyer für mehr Bewusstsein und mehr Gerechtigkeit in einer ungerechten Welt, und ein Anstoß, selbst aktiv zu werden. Kurz: Es knipst einem beim Lesen das Licht an!«

– Marco Verhülsdonk (Leitung Digital-Marketing) über Alles geben von Neven Subotic und Sonja Hartwig

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»Ein perfekter Roman für alle, die in diesem Sommer nicht verreisen (und für alle anderen auch): Selfmade-Hypnotiseur Micha versetzt sein beschauliches Heimatdorf im Odertal in helle Aufregung, denn dank seiner Gabe lässt sich problemlos die ganze Welt bereisen. Ob BRD, Kalifornien oder Paris: Unter Michas Hypnose ist jedes Traumziel erreichbar, ohne dass dafür auch nur das Sofa verlassen werden muss. Das außergewöhnliche Reisebüro sorgt für regen Betrieb im verfallenen Bauernhaus von Michas Oma, und das ruft schon bald die Stasi auf den Plan. Die Dorfidylle gerät mächtig ins Wanken … ›Der Hypnotiseur‹ ist ein leichtfüßig erzähltes Buch, das in der Vergangenheit spielt und trotzdem sehr aktuell ist - wer Jakob Hein kennt, kann sich denken, dass der Spagat zwischen tiefsinniger Geschichte und umwerfender Komik großartig hinhaut!«
 
– Florian Ringwald (Presse und Online bei Galiani Berlin) über Der Hypnotiseur oder Nie so glücklich wie im Reich der Gedanken von Jakob Hein.

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»Ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: In meinem früheren Leben war ich mal Miss Marple. Oder aber Margaret Rutherford, da möchte ich mich nicht festlegen. Anders kann ich mir meine Zuneigung zu leicht schrulligen älteren englischen Damen, die auf Mörderjagd gehen, nicht erklären. Und so war ich sofort begeistert, als ich von dieser modernen Reinkarnation von Miss Marple erfuhr: Mrs Judith Potts. Sie schwimmt gerne nackt in der Themse, trinkt zum Aufwärmen einen Whiskey und ist auch sonst alles andere als konventionell. Als sie mitbekommt, dass ihr Nachbar ermordet wird, wird sie tätig – denn die Polizei glaubt ihr nicht. Zusammen mit der Hundesitterin Suzie und der neurotischen Pfarrersfrau Becks ermittelt sie auf eigene Faust.
Wenn Sie alles Britische (außer dem Brexit) mögen und gerne gute Krimis lesen, dann sind Sie hier, in Marlow an der Themse, genau richtig. Ich wette, Sie wollen danach auch dorthin, um am Fluss einen English Breakfast Tea zu trinken. Oder einen Whisky.
Der zweite Band der Reihe ist übrigens auch schon in der Mache.
Ich wünsche Ihnen viel Sonnenschein und spannende Unterhaltung.
Ihre
Helga Frese-Resch«

– Helga Frese-Resch (Programmleitung Internationale Literatur) über Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar von Robert Thorogood (übersetzt von Ingo Herzke).

leseempfehlung_david

»Ein Debüt wie ein Wackelbild. Hat man während der Lektüre das Gefühl zu verstehen, legt sich eine neue Betrachtungsebene über das vermeintlich Verstandene und lässt Wirklichkeiten verschwimmen. Wer sich auf dieses Spiel der Möglichkeiten einlässt, wird mit einem bitterkomischen Roman über die Suche nach Selbstakzeptanz, Zugehörigkeit und Abgrenzung belohnt. Eine solche Multiperspektivität auf die Frage nach dem Selbst hätte ich mir als Schullektüre gewünscht.«

– David Paul Hänssler (Kaufmännische Leitung) über Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron von Yade Yasemin Önder.

leseempfehlung_anna

»Alain Claude Sulzers ›Doppelleben‹ ist so ein Roman, den man nicht aus der Hand legen kann, weil er einen immer wieder neu überrascht. Und weil er nicht das ist, was man auf den ersten Blick vielleicht denken mag. Der Roman führt quasi sein eigenes Doppelleben. Einerseits geht es um die Brüder Jules und Edmond de Goncourt, die von sich selbst behaupteten, dass ihnen nie etwas entging und die in ihrem gemeinsamen Tagebuch immer sehr schön gemein über ihre berühmten Bekannten gelästert haben. Mit Flaubert und Zola waren sie befreundet und alleine, in diese oft skurrile Welt des Zweiten Kaiserreichs einzutauchen, ist ein großes Lesevergnügen. Andererseits ist ›Doppelleben‹ auch ein Roman über Rose, die Haushälterin der Goncourts. Und ich habe selten so sehr mit einer Figur mitgelitten, mitgehofft und mitgefühlt. Rose verliebt sich in den Falschen, der sie betrügt und misshandelt, für den sie all ihr Geld hergibt und den sie einfach nicht verlassen kann. Sie erlebt existenzielle Dramen, die mich beim Lesen oft fassungslos gemacht haben. Und die Brüder, die genauen Beobachter und Begründer des literarischen Naturalismus, bemerken nichts davon. Dieser Roman setzt also nicht nur diesen großen Männern der Literatur ein Denkmal, sondern beschreibt auch, wie eine für sie völlig unsichtbare Frau in ihrem Haus die wirklichen Tragödien der Zeit erlebt – und genau das ist dann eben sehr aktuell und vor allem unbedingt lesenswert!«

- Anna Heinemann (Volontärin Veranstaltungen bei Galiani Berlin) über Doppelleben von Alain Claude Sulzer

annalisa_leseempfehlung

»Es gibt wenig Bücher, die mich nachhaltig so beeindruckt haben wie ›Nullerjahre‹. Schonungslos ehrlich und mit nüchternen Blick betrachtet Hendrik Bolz seine Jugend in den blühenden Landschaften von Knieper West. Einem nicht (mehr) ganz so blühenden Plattenbau in Stralsund, erbaut in den 60er-Jahren der DDR, in dem zu wohnen einst als modern galt. Er beschreibt eine Jugend in Habachtstellung, die nur so vor Gewalt strotzt und die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimmen lassen. Es ist eine Geschichte voller Kontraste, die mir trotz aller Gegensätze zu meinen eigenen Jugenderlebnissen, immer wieder den Spiegel vorgehalten hat. ›Nullerjahre‹ ist ein Buch das weh tut, ich aber trotzdem nicht mehr aus der Hand legen konnte. Und ein Buch das mich zum Nachdenken angeregt hat. Über meine eigene Jugend, über Gegensätze und über die vielen Parallelen zwischen Ost und West.«

– Annalisa Kiendl (Online Marketing Managerin) über Nullerjahre von Hendrik Bolz.

leseempfehlung_kerstin

»Wer sich in der Sommerhitze nach frischem Wind sehnt, dem empfehle ich die Autobiographie von Sonia Mikich. EIne Lektüre, die einem das Gehirn durchpustet, so hinreißend und anschaulich erzählt Sonia Mikich. Ich kann nicht anders, als sie, die langjährige Russlandkorrespondentin, Studioleiterin der ARD in Moskau und Paris und spätere Chefredakteurin des WDR für ihre Autonomie und ihre Coolness zu bewundern. ›Aufs Ganze‹ ist sie in ihrem Leben oft gegangen. Geboren in Oxford, aufgewachsen in London als Tochter einer Deutschen und eines Serben, als Scheidungskind verpflanzt nach Herne und Mönchengladbach, erzählt Sonia Mikich irre lustig und lebendig von ihrer ›Sex, Drugs & Rock'nRoll‹ Jugend zwischen Pop und Politik in den 1970er Jahren, von extremen Erlebnissen und Begegnungen in ihrer Zeit als Reporterin in den gefährlichsten Regionen der Welt, von Machtspielen in einem großen patriachal geprägten Sender und vielem mehr. Und man merkt: Der frische Wind der Freiheit, er weht in diesem Buch. So viel Eigensinn, so viel Klugheit, so viel Mut, so viel Humor. Große Empfehlung!«

– Kerstin Gleba (Verlegerin) über Aufs Ganze von Sonia Mikich