Interview mit Dagmar Ploetz über Gabriel García Márquez
»Wir sehen uns im August« - Die bisher unveröffentlichte Neuentdeckung aus dem Nachlass des Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez
Anlässlich des Erscheinens von »Wir sehen uns im August« haben wir mit der Übersetzerin und García Márquez-Kennerin Dagmar Ploetz über das beeindruckende Lebenswerk und den unverkennbar eigenen Stil des Autors gesprochen.
Über den Roman
Eine Geschichte über die Liebe, wie nur Gabriel García Márquez sie schreiben konnte.
Jedes Jahr fährt Ana Magdalena Bach im August mit der Fähre zu einer Karibikinsel, um dort auf das Grab ihrer Mutter einen Gladiolenstrauß zu legen. Jedes Jahr geht sie danach in ein Touristenhotel und isst abends allein an der Bar einen Käse-Schinken-Toast. Dieses Mal jedoch wird sie von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Es entspricht weder ihrer Herkunft oder Erziehung noch ihrer Vorstellung von ehelicher Treue, doch geht sie dennoch auf seine Avancen ein und nimmt den Unbekannten mit auf ihr Zimmer ...
Wie immer bei Gabriel García Márquez faszinieren die kunstvolle Figurenzeichnung, die bilderreichen und atmosphärisch dichten Beschreibungen sowie die Musikalität der Sprache.
Was würden Sie als typisch für die Romane von Gabriel García Márquez bezeichnen?
Typisch für García Márquez ist für mich seine Lust am Erzählen, die sehr poetischen, atmosphärisch dichten Passagen, in denen man förmlich Hitze und Düfte und Landschaften spürt, und, als Gegensatz dazu, nüchterne, lakonische - oft auch komische – Passagen.
Welchen Roman würden Sie zum Einstieg empfehlen?
Vielleicht »Chronik eines angekündigten Todes«, und, wenn man es länger mag, »Die Liebe in Zeiten der Cholera«. Aber man könnte auch »Wir sehen uns im August« wählen…
Welcher war am schwersten zu übersetzen?
Am schwersten fand ich die Neuübersetzung von »Hundert Jahre Einsamkeit«, weil ich mich da auch mit meinem Vorgänger als Übersetzer auseinandersetzen musste.
Was bewundern Sie vor allem an diesem Autor?
Dass er nicht nur Weltliteratur schuf, sondern sich zugleich politisch und kulturpolitisch engagierte (auch finanziell), etwa für die Filmakademie in Kuba oder für das Institut für einen neuen lateinamerikanischen Journalismus in Cartagena.
Warum ist er heute immer noch aktuell?
Weil er das menschliche Wesen – überzeitlich – sehr eindrücklich erfasst.